Innere Bilder [Auszug aus Kapitel 4]

In der Gehirnforschung ist bekannt, dass innere Bilder aus der Wechselwirkung verschiedener Gehirnregionen entstehen. Sobald sich beispielsweise im Frontallappen, einem Teil des Gehirns, der für höhere kognitive Funktionen wie Entscheidungsfindung, Problemlösung, Planung, soziales Verhalten und die Kontrolle freiwilliger Bewegungen zuständig ist, der Wunsch nach Wasser aufbaut, entsteht im hinteren Teil des Gehirns in der Sehrinde des Okzipitallappens, einer Region über dem Kleinhirn, ein visueller Eindruck.   

Die Frage, wie ein Gesamteindruck entstehen kann, der wie bei einer Imagination keine externe Reizgrundlage benötigt, ist nach wie vor rätselhaft. Die aktivierten Gehirnmuster beim Sehen eines Objektes und bei der Vorstellung desselben Objektes unterscheiden sich wie erwähnt kaum.     

Die Frage, wie aus den geschätzt 10 Millionen Reizen pro Sekunde auf der Netzhaut des menschlichen Auges ein inneres Bild entsteht, ist ebenso schwer zu erfassen, da es keinerlei neuronale Anhaltspunkte für die Formgebung eines Bildes innerhalb des Gehirns gibt. Neuronen besitzen keine Funktion wie Pixel im Sinne einer Bildzelle beim Aufbau eines digitalen Bildschirms. Es sind dafür keine eigens spezialisierten Neuronentypen bekannt. Darüber hinaus sind für kreative Prozesse bislang weder fixe noch hierarchische Verbindungsmuster von Neuronen bekannt. Die Verbindungsmuster der Neuronen sind vielmehr allgemein auf Parallelisierung, Reziprozität und eine dezentrale Verteilung ausgelegt. Dadurch ist das Gehirn in der Lage, Aufgaben von zerstörten Gehirnregionen adaptiv in anderen Gehirnregionen auszuführen.